Mein letzter Gedichtband „Für C.“ erschien vor fünf Jahren. Seitdem war Poetry Slam der Mittelpunkt meines kreativen Schaffens, sodass meine letzten zwei Veröffentlichungen, „Bühnenbilder“ und „Adoptivsprache“, Bühnentextsammlungen waren.
Im September und Oktober 2018 besuchte ich ein Sprecherseminar in Berlin und lebte dort.
Diese Zeit hat mich menschlich und künstlerisch sehr geprägt. Ein Grund dafür war, dass ich aus meiner Poetry Slam-Routine, die aus knapp 100 Auftritten im Jahr bestand, herausgerissen wurde. Ein anderer Grund war natürlich Berlin mit den Millionen Möglichkeiten und Menschen, die dort leben.
Ich hatte sehr intensive Begegnungen und Erlebnisse. Ich habe viel geschrieben, ganz unbewusst schlich sich wieder die kurze, klassische Gedichtform, die ich schon fast vergessen hatte, wieder in meine Arbeit ein.
Ich erinnerte mich wieder daran, wieso ich damals, 2010, mein erstes Gedicht aufs Papier brachte. Aus Liebe.
Aus Liebe zum Wort. Aus Liebe zum Verdichten und Intensivieren. Aus Liebe zum Klang jeder einzelnen Zeile, jeder einzelnen Silbe, die gelesen werden darf und nicht auf der Bühne wirken muss.
Aus Liebe als Suche nach einer gemeinsamen Sprache, die die Einsamkeit zwischen zwei Menschen überbrücken kann.
Paul Celan war mir eine große Inspirationsquelle. Sein Umgang mit der Sprache ist einzigartig. Manchmal scheint es mir fast, als würde er nicht auf Deutsch, sondern in einer eigenen Sprache schreiben, die nur deutsche Wörter benutzt. Sein Kampf mit der Sprache, mit der Sprachlosigkeit und dem Drang, dem Leben die richtigen, die wahren Worte abzuringen, ist mir sehr gut bekannt.
In Berlin war ich oft wortlos und habe mein Selbstverständnis der Sprachgrenzen neu finden müssen. Was bedeutet es, Gedichte zu schreiben? Was bedeutet es, einen Moment, ein Gefühl, einen Gedanken in Worten zu verorten? Wieso überhaupt schreiben?
Die Antwort auf all diese Fragen kann für mich nur Dichtung sein.
Ich schweige oft unter Menschen, aber selten, wenn ich mit mir allein bin.
Deswegen war es nach fünf Jahren an der Zeit, wieder einen Gedichtband zu veröffentlichen.
Deswegen darf ich euch heute voller Stolz „Allein um zwei zu sein“ vorstellen.